Die Feldbahn des Hilteraner Kalkwerks
Di 30 Dez 2008, 09:22
Aus "Neue Osnabrücker Zeitung online" vom 30.12.2008:
Mit der Lore über Feldbahngleise
Vom Kalkofen zur Champignon-Aufzuchtstation und zur Unterkunft für Kriegsvertriebene. Die Öfen des Hilteraner Kalkwerks hatten eine wechselvolle Geschichte. Diese und die Entwicklung des Kalkabbaus im Hankenberger Steinbruch
zeichnet Andreas Mölder in einem Aufsatz des neuesten Kreisheimatjahrbuchs nach.
Mölder, Doktor der Forstwissenschaften und gebürtiger Hilteraner, ist fasziniert von der Geschichte der Industrie und ganz besonders von der Eisenbahngeschichte. Beste Voraussetzungen also, um in die fast vergessene Historie des für Hilter einst so wichtigen Industriezweigs einzutauchen.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden 90 Millionen Jahre alten Kalke und Plänerkalke aus der Oberkreide in Steinbrüchen gewonnen. Ideale Rohstoffe für die Kalk- und Zementherstellung, so auch ab 1889 in Hilter. Damals errichteten Rosskothen und Schulte aus Osnabrück direkt am Bahnhof Hilter eine Kalkbrennerei, die mit dem Gestein eines östlich gelegenen Steinbruchs bestückt wurde. Dafür hatten die Unternehmer Waldflächen der Bauern Wienke und Meyer-Hinghaus gepachtet. In der Brennerei wurde das Kalkgestein in bis zu vier Ringöfen zu Wasserkalk gebrannt.
Die Produkte aus Hilter konnten dann über die drei Jahre zuvor ausgebaute Eisenbahnstrecke des Haller Willem zwischen Bielefeld und Osnabrück abtransportiert werden.
Um die Steine vom Steinbruch zum Kalkwerk zu befördern, wurde eine kleine Feldbahn mit einer Spurweite von 60 Zentimetern verlegt. 1,5 Kilometer führte sie durch Wiesen und Felder. Zweiachsige Dampflokomotiven zogen die Loren.
Abgebaut wurde in mehreren Sohlen, und so entstand schließlich ein 100 Meter langer Tunnel, um auch die unterste Schicht zu erreichen. Etwa 100 Arbeiter waren hier beschäftigt, vor dem Ersten Weltkrieg vor allem Gastarbeiter aus Italien.
Im Jahr, in dem der Erste Weltkrieg endete, kauften die Wicking’schen Portland-Cement und Wasserkalk-Werke aus Münster das Kalkwerk in Hilter. Die Münsteraner expandierten und bauten zwei moderne Schachtöfen. Doch noch vor Beginn der Weltwirtschaftskrise kam das Aus. 1928 wurde das Werk stillgelegt. Die Abbaurechte behielt die Dyckerhoff-AG, die 1931 mit dem Wicking-Konzern fusionierte, jedoch bis 1995.
Und auch die Feldbahn wurde nicht gleich abgebaut. Noch Ende der 40er-Jahre vergnügte sich die Dorfjugend damit, in zurückgebliebenen Loren über die Gleise zu schaukeln.
Die Öfen fanden eine andere Nutzung: Ab 1937 züchtete die Firma Pabst in den stillgelegten Ringöfen Champignons, immerhin 45 Jahre lang. Zwischenzeitlich dienten die Öfen in den Jahren 1945 und 1946 Heimatvertriebenen als provisorische Bleibe.
Heute stehen auf dem Gelände des alten Kalkwerks Gewerbebetriebe und ein Baumarkt. Den Steinbruch haben Tiere und Pflanzen zurückerobert. Er ist jetzt Teil des FFH-Gebiets. Eine Heimstätte für kleine Flugkünstler bietet der ehemalige Feldbahntunnel. Sieben verschiedene Fledermausarten sind hier zu Hause. Anfang dieses Jahres drohte den 160 Fledermäusen jedoch eine Überschwemmung durch eindringendes Wasser. Die Feuerwehr rückte aus und pumpte das Wasser ab.
Wer es in den 40er-Jahren verpasst hat, eine kleine Spritztour auf den Feldbahngleisen zu machen, hat dazu übrigens wieder Gelegenheit. Im Westfälischen Feldbahnmuseum in Lengerich wurden 112 Meter der Hilteraner Gleise wieder aufgebaut.
LG
Manfred
Mit der Lore über Feldbahngleise
Vom Kalkofen zur Champignon-Aufzuchtstation und zur Unterkunft für Kriegsvertriebene. Die Öfen des Hilteraner Kalkwerks hatten eine wechselvolle Geschichte. Diese und die Entwicklung des Kalkabbaus im Hankenberger Steinbruch
zeichnet Andreas Mölder in einem Aufsatz des neuesten Kreisheimatjahrbuchs nach.
Mölder, Doktor der Forstwissenschaften und gebürtiger Hilteraner, ist fasziniert von der Geschichte der Industrie und ganz besonders von der Eisenbahngeschichte. Beste Voraussetzungen also, um in die fast vergessene Historie des für Hilter einst so wichtigen Industriezweigs einzutauchen.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden 90 Millionen Jahre alten Kalke und Plänerkalke aus der Oberkreide in Steinbrüchen gewonnen. Ideale Rohstoffe für die Kalk- und Zementherstellung, so auch ab 1889 in Hilter. Damals errichteten Rosskothen und Schulte aus Osnabrück direkt am Bahnhof Hilter eine Kalkbrennerei, die mit dem Gestein eines östlich gelegenen Steinbruchs bestückt wurde. Dafür hatten die Unternehmer Waldflächen der Bauern Wienke und Meyer-Hinghaus gepachtet. In der Brennerei wurde das Kalkgestein in bis zu vier Ringöfen zu Wasserkalk gebrannt.
Die Produkte aus Hilter konnten dann über die drei Jahre zuvor ausgebaute Eisenbahnstrecke des Haller Willem zwischen Bielefeld und Osnabrück abtransportiert werden.
Um die Steine vom Steinbruch zum Kalkwerk zu befördern, wurde eine kleine Feldbahn mit einer Spurweite von 60 Zentimetern verlegt. 1,5 Kilometer führte sie durch Wiesen und Felder. Zweiachsige Dampflokomotiven zogen die Loren.
Abgebaut wurde in mehreren Sohlen, und so entstand schließlich ein 100 Meter langer Tunnel, um auch die unterste Schicht zu erreichen. Etwa 100 Arbeiter waren hier beschäftigt, vor dem Ersten Weltkrieg vor allem Gastarbeiter aus Italien.
Im Jahr, in dem der Erste Weltkrieg endete, kauften die Wicking’schen Portland-Cement und Wasserkalk-Werke aus Münster das Kalkwerk in Hilter. Die Münsteraner expandierten und bauten zwei moderne Schachtöfen. Doch noch vor Beginn der Weltwirtschaftskrise kam das Aus. 1928 wurde das Werk stillgelegt. Die Abbaurechte behielt die Dyckerhoff-AG, die 1931 mit dem Wicking-Konzern fusionierte, jedoch bis 1995.
Und auch die Feldbahn wurde nicht gleich abgebaut. Noch Ende der 40er-Jahre vergnügte sich die Dorfjugend damit, in zurückgebliebenen Loren über die Gleise zu schaukeln.
Die Öfen fanden eine andere Nutzung: Ab 1937 züchtete die Firma Pabst in den stillgelegten Ringöfen Champignons, immerhin 45 Jahre lang. Zwischenzeitlich dienten die Öfen in den Jahren 1945 und 1946 Heimatvertriebenen als provisorische Bleibe.
Heute stehen auf dem Gelände des alten Kalkwerks Gewerbebetriebe und ein Baumarkt. Den Steinbruch haben Tiere und Pflanzen zurückerobert. Er ist jetzt Teil des FFH-Gebiets. Eine Heimstätte für kleine Flugkünstler bietet der ehemalige Feldbahntunnel. Sieben verschiedene Fledermausarten sind hier zu Hause. Anfang dieses Jahres drohte den 160 Fledermäusen jedoch eine Überschwemmung durch eindringendes Wasser. Die Feuerwehr rückte aus und pumpte das Wasser ab.
Wer es in den 40er-Jahren verpasst hat, eine kleine Spritztour auf den Feldbahngleisen zu machen, hat dazu übrigens wieder Gelegenheit. Im Westfälischen Feldbahnmuseum in Lengerich wurden 112 Meter der Hilteraner Gleise wieder aufgebaut.
LG
Manfred
- GastGast
Publikation zur Hilteraner Feldbahn
Do 22 Jan 2009, 13:03
Liebe Feldbahner,
wer Interesse an dem angesprochenen Artikel
Mölder, A. (2009): Auf schmaler Spur durch den Osning: Das Kalkwerk Hilter und seine Feldbahn. Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land 2009: 157-163.
hat, der kann mir gerne eine PN mit Angabe seiner E-Mail-Adresse schicken!
Viele Grüße
Andreas
PS: Siehe zu dem Thema auch hier:
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wer Interesse an dem angesprochenen Artikel
Mölder, A. (2009): Auf schmaler Spur durch den Osning: Das Kalkwerk Hilter und seine Feldbahn. Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land 2009: 157-163.
hat, der kann mir gerne eine PN mit Angabe seiner E-Mail-Adresse schicken!
Viele Grüße
Andreas
PS: Siehe zu dem Thema auch hier:
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