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Baufeldbahn Sprengstoffwerk Dreetz
Fr 17 Aug 2012, 17:22
Hallo,
mal nicht unendlich viele Links, sondern was Geschichtliches aus meiner Gegend. Vermutlich für viele uninteressant, aber wie sagte schon Heinz Erhardt:
„Es wird Sie nicht interessieren, deshalb erzähl ich es Ihnen auch!“
Vor ein paar Wochen hatte mich mein Onkel (80 Jahre) aus Stölln besucht. Ich hatte gerade das Berghoff´sche Buch über die Zehdenicker Ziegeleibahnen erhalten. Beim Blick auf die Rückseite sagt er plötzlich „So wat is bei uns ooch hinterm Deich jefahr´n. Da sind wa jejen die Züge als kleene Jungs immer Rennen jefahr´n“. Ich bin fast umgekippt. Der kennt meine Interessen, ich nehme ihn jahrelang zu Veranstaltungen mit und dann haut er sowas im Nebensatz raus! Das mußte ich natürlich genauer wissen. Es gibt ja nicht mehr viele Zeitzeugen.
Das Werk
Ab etwa 1939 nahm im Wald bei Dreetz ein Sprengstoffwerk der WASAG die Produktion auf.. Leider ist über die Fabrik (und über deren Bau) kaum etwas zu erfahren. Aus verschiedenen Foren weiss ich, das die meisten Unterlagen vernichtet wurden. Wenn ich mal wieder in der Gegend bin, werde ich da mal vorbeischauen und ein paar Leute befragen. Bekannt ist, das viele Zwangsarbeiter und KZ- Häftlinge beim Bau und in der Produktion eingesetzt waren hier den Tod fanden. Aus diesem Grund ist die ältere Generation dort auch etwas schweigsam.
Das Werk lag im Wald und war von oben fast unsichtbar, da alles mit Sand verschüttet und bepflanzt wurde. Mein Onkel erzählte, das, wenn man am Dreetzer See war, über den Baumkronen 3 oder 4 Schornsteine, vermutlich des Kraftwerkes, zu sehen waren. Diese waren entweder komplett versenkbar, umklappbar oder teleskopartig zusammenschiebbar. Man konnte sich darauf verlassen, wenn die nicht mehr zu sehen waren, gab es 20 Minuten später Fliegeralarm.
Wer fast aktuelle Bilder von den Überresten sehen will, kann hier mal gucken:
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Die Bahn
Es handelte sich um eine Feldbahn, die während des Baues und Ausbaues des Sprengstoffwerkes eingesetzt wurde. Durch wen die Bahn angelegt und betrieben wurde ist (mir) unbekannt. Für Betonbau & Erdarbeiten war die Firma Gustav Dübner zuständig. Ob Teile der Bahn (die Dampfloks ja sowieso nicht) weiterverwendet wurden weiss ich nicht. Für den Verschub innerhalb des Werkes sind Feldbahngleise nachgewiesen.
Die Bahn verlief von Strodehne bis zum Sprengstoffwerk. Sie transportierte gewaschenen Elbkies, der im Strodehner Hafen mit Schiffen angeliefert wurde.
Die Fahrzeuge
Die Züge waren laut Aussage mit kleinen B-Kupplern bespannt. Die Dampfloks sollen etwa 12-15 Kipploren gezogen haben. Mein Onkel meint, das wohl drei solcher Züge im Einsatz waren.
Die Strecke
Die Länge der Strecke betrug etwa 22 km. Es sollen mindestens zwei Ausweichen vorhanden gewesen sein. Die Karte unten liefert nur den ungefähren Streckenverlauf.
Die Strecke verlief von Strodehne in Richtung Rhinow. Genaueres zum Abschnitt bis Rhinow konnte er nicht sagen. Als Grund dafür, das man nicht die direkte Linie nach Dreetz ausführte, sondern den Bogen Richtung Rhinow nahm, vermute ich die vielen damals schon vorhandenen Entwässerungsgräben nördlich der jetzigen Landstraße L17. Da hätte man einige Brücken bzw. Durchlässe bauen müssen. Vermutlich konnte man so die Rhin- Brücke der Straße nach Rübehorst nutzen. In Rhinow muß dann auch die Brandenburgische Städtebahn gekreuzt worden sein.
Für den folgenden Abschnitt bis zur Feldbahnbrücke gibt es nun wieder gesicherte Angaben:
Hinter Rhinow (in Höhe des heutigen Baustoffhandels/ zu DDR- Zeiten Trockenwerk) wurde die heutige B 102 Richtung Grossderschau überquert und ihr bis kurz vor der Rhin- Brücke gefolgt. Dann schwenkte sie rechts weg, folgte dem Rhin und überquerte ihn auf einer eigenen Brücke.
Dahinter soll die Strecke weiterhin dem Rhin gefolgt sein. Oberhalb des Dreetzer Sees ist die Strecke dann im abgesperrten Wald verschwunden.
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So, damit habe ich Euch nun genug gelangweilt! Ich wollte es nur mal aufschreiben, man wird ja nicht jünger!
mal nicht unendlich viele Links, sondern was Geschichtliches aus meiner Gegend. Vermutlich für viele uninteressant, aber wie sagte schon Heinz Erhardt:
„Es wird Sie nicht interessieren, deshalb erzähl ich es Ihnen auch!“
Vor ein paar Wochen hatte mich mein Onkel (80 Jahre) aus Stölln besucht. Ich hatte gerade das Berghoff´sche Buch über die Zehdenicker Ziegeleibahnen erhalten. Beim Blick auf die Rückseite sagt er plötzlich „So wat is bei uns ooch hinterm Deich jefahr´n. Da sind wa jejen die Züge als kleene Jungs immer Rennen jefahr´n“. Ich bin fast umgekippt. Der kennt meine Interessen, ich nehme ihn jahrelang zu Veranstaltungen mit und dann haut er sowas im Nebensatz raus! Das mußte ich natürlich genauer wissen. Es gibt ja nicht mehr viele Zeitzeugen.
Das Werk
Ab etwa 1939 nahm im Wald bei Dreetz ein Sprengstoffwerk der WASAG die Produktion auf.. Leider ist über die Fabrik (und über deren Bau) kaum etwas zu erfahren. Aus verschiedenen Foren weiss ich, das die meisten Unterlagen vernichtet wurden. Wenn ich mal wieder in der Gegend bin, werde ich da mal vorbeischauen und ein paar Leute befragen. Bekannt ist, das viele Zwangsarbeiter und KZ- Häftlinge beim Bau und in der Produktion eingesetzt waren hier den Tod fanden. Aus diesem Grund ist die ältere Generation dort auch etwas schweigsam.
Das Werk lag im Wald und war von oben fast unsichtbar, da alles mit Sand verschüttet und bepflanzt wurde. Mein Onkel erzählte, das, wenn man am Dreetzer See war, über den Baumkronen 3 oder 4 Schornsteine, vermutlich des Kraftwerkes, zu sehen waren. Diese waren entweder komplett versenkbar, umklappbar oder teleskopartig zusammenschiebbar. Man konnte sich darauf verlassen, wenn die nicht mehr zu sehen waren, gab es 20 Minuten später Fliegeralarm.
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Die Bahn
Es handelte sich um eine Feldbahn, die während des Baues und Ausbaues des Sprengstoffwerkes eingesetzt wurde. Durch wen die Bahn angelegt und betrieben wurde ist (mir) unbekannt. Für Betonbau & Erdarbeiten war die Firma Gustav Dübner zuständig. Ob Teile der Bahn (die Dampfloks ja sowieso nicht) weiterverwendet wurden weiss ich nicht. Für den Verschub innerhalb des Werkes sind Feldbahngleise nachgewiesen.
Die Bahn verlief von Strodehne bis zum Sprengstoffwerk. Sie transportierte gewaschenen Elbkies, der im Strodehner Hafen mit Schiffen angeliefert wurde.
Die Fahrzeuge
Die Züge waren laut Aussage mit kleinen B-Kupplern bespannt. Die Dampfloks sollen etwa 12-15 Kipploren gezogen haben. Mein Onkel meint, das wohl drei solcher Züge im Einsatz waren.
Die Strecke
Die Länge der Strecke betrug etwa 22 km. Es sollen mindestens zwei Ausweichen vorhanden gewesen sein. Die Karte unten liefert nur den ungefähren Streckenverlauf.
Die Strecke verlief von Strodehne in Richtung Rhinow. Genaueres zum Abschnitt bis Rhinow konnte er nicht sagen. Als Grund dafür, das man nicht die direkte Linie nach Dreetz ausführte, sondern den Bogen Richtung Rhinow nahm, vermute ich die vielen damals schon vorhandenen Entwässerungsgräben nördlich der jetzigen Landstraße L17. Da hätte man einige Brücken bzw. Durchlässe bauen müssen. Vermutlich konnte man so die Rhin- Brücke der Straße nach Rübehorst nutzen. In Rhinow muß dann auch die Brandenburgische Städtebahn gekreuzt worden sein.
Für den folgenden Abschnitt bis zur Feldbahnbrücke gibt es nun wieder gesicherte Angaben:
Hinter Rhinow (in Höhe des heutigen Baustoffhandels/ zu DDR- Zeiten Trockenwerk) wurde die heutige B 102 Richtung Grossderschau überquert und ihr bis kurz vor der Rhin- Brücke gefolgt. Dann schwenkte sie rechts weg, folgte dem Rhin und überquerte ihn auf einer eigenen Brücke.
Dahinter soll die Strecke weiterhin dem Rhin gefolgt sein. Oberhalb des Dreetzer Sees ist die Strecke dann im abgesperrten Wald verschwunden.
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So, damit habe ich Euch nun genug gelangweilt! Ich wollte es nur mal aufschreiben, man wird ja nicht jünger!
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Viele Grüße
Volker
- G.HeimerFeldbahnbuchleser
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Re: Baufeldbahn Sprengstoffwerk Dreetz
Mo 25 Feb 2019, 20:25
Hallo Volker!
Ich hoffe Sie sind noch jung genug um mir zu antworten...
Nun ist dieser thread ja schon ewig alt, ich bin allerdings jetzt erst darauf gestossen.
Nicht ohne Grund: an diesem Thema (welches ich überhaupt nicht langweilig finde) - nämlich die Deutsche Sprengchemie G.m.b.H. Dreetz / Deckname AUE forsche ich -auch mit dem ortsansässigen Heimatverein- seit geraumer Zeit und versuche alle Details zu durchleuchten. Dies gelingt tatsächlich,
auch durch die Vortragsreihen in Dreetz, dem wachsenden Abstand zur Geschichte sowie Geländebegehungen. Mich interessiert besonders der Bahnverkehr im und ums Werk (es ist also schon Kartenmaterial etc. vorhanden) und daher wollte ich mal fragen WIE SIE ZU DIESEM THEMA KOMMEN und ob es da evtl. noch mehr in Erfahrung zu bringen gibt. Für die oben stehenden Infos und eine eventuelle Antwort wäre ich sehr dankbar und verbleibe mit frdl. Gr. Michael Briege
Ich hoffe Sie sind noch jung genug um mir zu antworten...
Nun ist dieser thread ja schon ewig alt, ich bin allerdings jetzt erst darauf gestossen.
Nicht ohne Grund: an diesem Thema (welches ich überhaupt nicht langweilig finde) - nämlich die Deutsche Sprengchemie G.m.b.H. Dreetz / Deckname AUE forsche ich -auch mit dem ortsansässigen Heimatverein- seit geraumer Zeit und versuche alle Details zu durchleuchten. Dies gelingt tatsächlich,
auch durch die Vortragsreihen in Dreetz, dem wachsenden Abstand zur Geschichte sowie Geländebegehungen. Mich interessiert besonders der Bahnverkehr im und ums Werk (es ist also schon Kartenmaterial etc. vorhanden) und daher wollte ich mal fragen WIE SIE ZU DIESEM THEMA KOMMEN und ob es da evtl. noch mehr in Erfahrung zu bringen gibt. Für die oben stehenden Infos und eine eventuelle Antwort wäre ich sehr dankbar und verbleibe mit frdl. Gr. Michael Briege
- VolkerS.Moderator
- Anzahl der Beiträge : 1736
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Re: Baufeldbahn Sprengstoffwerk Dreetz
Di 26 Feb 2019, 17:38
Hallo Michael,
mit dem Antworten klappt es gerade noch so!
Ich bin seit meiner Kindheit eisenbahnverrückt (Ursache: die ehemalige 750 mm-spurige RSN)und wenn irgendwo zwei parallel liegende Metallteile/Schienen liegen, ist es um mich geschehen.
Seit ich hier im Forum bin, haben es mir nicht nur Schmalspurbahnen, sondern besonders Feldbahnen angetan. Zum Thema Dreetz bin ich durch meinen Onkel gekommen. Die Geschichte dazu steht ja oben. Ich selbst hatte vorher keine Ahnung davon und habe mich auch nicht weiter damit beschäftigt.
Leider konnte mein Onkel mir nichts weiter dazu erzählen und er ist mittlerweile auch verstorben. Seine Themen waren Technik (hauptsächlich Flugzeuge + KFZ) und seine Kindheit im Krieg. Eisenbahn hat ihn nicht interessiert, aber er konnte mir bis zum Schluß (wenn wir auf Tour Richtung Neustadt waren) zeigen, wo und wann ein Flugzeug abgeschossen, abgestürzt oder notgelandet ist. Das hat sich damals bei ihm eingebrannt.
Mehr kann ich leider nicht zum Thema beisteuern.
mit dem Antworten klappt es gerade noch so!
Ich bin seit meiner Kindheit eisenbahnverrückt (Ursache: die ehemalige 750 mm-spurige RSN)und wenn irgendwo zwei parallel liegende Metallteile/Schienen liegen, ist es um mich geschehen.
Seit ich hier im Forum bin, haben es mir nicht nur Schmalspurbahnen, sondern besonders Feldbahnen angetan. Zum Thema Dreetz bin ich durch meinen Onkel gekommen. Die Geschichte dazu steht ja oben. Ich selbst hatte vorher keine Ahnung davon und habe mich auch nicht weiter damit beschäftigt.
Leider konnte mein Onkel mir nichts weiter dazu erzählen und er ist mittlerweile auch verstorben. Seine Themen waren Technik (hauptsächlich Flugzeuge + KFZ) und seine Kindheit im Krieg. Eisenbahn hat ihn nicht interessiert, aber er konnte mir bis zum Schluß (wenn wir auf Tour Richtung Neustadt waren) zeigen, wo und wann ein Flugzeug abgeschossen, abgestürzt oder notgelandet ist. Das hat sich damals bei ihm eingebrannt.
Mehr kann ich leider nicht zum Thema beisteuern.
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Viele Grüße
Volker
- G.HeimerFeldbahnbuchleser
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Ort / Region : Kyritz / Brandenburg
Hobbies : Geschichte
Name : Briege / 36
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Re: Baufeldbahn Sprengstoffwerk Dreetz
Fr 08 März 2019, 09:12
...vielen Dank für die Antwort! Hatte die Hoffnung dass die Verwandschaft da zufällig irgendetwas zu tu n hatte (immerhin wusste ja nicht jeder darüber bescheid)- als Spurensuchender versucht man natürlich alles um neue Infos zu ergattern, leider werden die Zeitzeugen immer rarer. Trotzdem Danke und Alles Gute!
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