Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
Re: Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
Waffel schrieb:Zur Funktion des "Kastens" auf dem Dach gilt wohl noch immer der Diskusssionsstand hier im Forum:
Kann (fast) alles sein, vom Hauptschalter bis zum Boschhorn.
Ich glaube, ich hab's!
Es müsste die Drosselspule für den Überspannungsschutz sein (vgl. der Siemens-Schaltplan auf der vorherigen Seite). Da bis dorthin die Überspannung anliegt natürlich außerhalb des Faraday'schen Käfigs angeordnet.
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Re: Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
Es müsste die Drosselspule für den Überspannungsschutz sein (vgl. der Siemens-Schaltplan auf der vorherigen Seite). Da bis dorthin die Überspannung anliegt natürlich außerhalb des Faraday'schen Käfigs angeordnet.
Dann müsste das Kabel vom Bügel direkt auf dem Dach zu dem Kasten gehen. Es geht aber an der dem Kasten abgewandten Lokseite ab, was auch an einen Kabelverlauf ins Innere an der abgewandten Seite schließen lässt.
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Ich kenne durchaus AEG Kastenloks ohne Drosselspule.
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Re: Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
Ich habe mal versucht, aus den Bildern einige Beiträge vorher noch etwas herauszuholen, leider mit mäßigem Erfolg. Der Kasten sieht allerdings recht geschlossen aus. Die Form ist mehr als eigentümlich:
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Industriegleis Gütermann
Unsere Forschungen in Sachen Werksbahn Gütermann führen zurück in die Zeit vor der Inbetriebnahme des Bähnles 1902.
Die 1875 in Betrieb gegangene Privatbahn der Stadt Waldkirch von Denzlingen nach Waldkirch war so erfolgreich, dass 1886 die Großherzoglich Badische Staatseisenbahn die Strecke übernahm. Die Stadt Elzach und die Industrie im hinteren Elztal sahen den Erfolg der Eisenbahn und forderten die notwendige Verlängerung der Elztalbahn bis Elzach und darüber hinaus. (Das Eisenbahnbaubureau Waldkirch plante später auch die Verlängerung ins Kinzigtal).
Die Verlängerung der Elztalbahn über Waldkirch hinaus forderte auch Gütermann in einem persönlichen Brief vom 12.03.1898 an den Minister Brauer in Karlsruhe. Arthur von Brauer leitete von 1893 bis 1905 das Ministerium des Großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, wozu auch die Verwaltung der Badischen Staatseisenbahn gehörte (Wikipedia). Obwohl damals bereits Schreibmaschinen bei Gütermann im Einsatz waren, formulierte Gütermann (vermutlich Alexander) den Brief in Sütterlinschrift.
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Hier die Übersetzung des Sütterlin-Textes:
Er. Exzellenz
Herrn Minister von Brauer
Hochwohlgeboren
Karlsruhe
Zu der bevorstehenden Inangriffnahme der Vorarbeiten zum Bau einer
Bahn durch das Elzthal von Waldkirch nach Elzach
erlaubt sich die ganz ergebenst unterzeichnete Firma
Euer Exzellenz um wohlwollende Berücksichtigung derer diesbezüglich
vorzutragenden Wünsche in Anbetracht Ihres
umfangreichen Bahnverkehrs untertänigst zu ersuchen.
Es erachtet die ergebenst unterzeichnete Firma die Anlegung eines Industriegleises bis zu deren Fabriksgebäuden als höchst zweckentsprechend, ebenso wäre die Annahme und Ausgabe von
Stückgütern an dem für Gutach zu erstellenden Bahnhofe dem bisherigen Verkehr
entsprechend nothwendig.
Zur leichtmöglichsten Erreichung dieser Bedürfen wäre die Bahnlinie ganz
aus dem Hochwassergebiet und ohne Elz-Brücken
rechts des Elzflusses, also von Waldkirch nach Elzach gesehen „links“ wohl die
Geeignetste.
Die unterzeichnete Firma betreibt außer dem hiesigen Fabrikgeschäft noch
ein solches nahe bei Elzach und hat in täglichem Verkehr . . . . . diesem zu stehen.
Sie beschäftigt in diesen beiden Etablissements 520 Arbeiter.
Der Güterverkehr beziffert sich ungefähr per Jahr auf
160 ganze Wagenladungen
7.000 einzelne Stückguter
600 Expressstücke
Von den zum Versandt kommenden
30.000 Paketsendungen würde bei geeignetem Anschluß
eine größere Anzahl auf den Expreßverkehr übergeleitet werden können.
Er. Exzellenz
unterthänigste
Gütermann & Cie
Gutach im Breisgau, 12. März 1898
Gütermann empfiehlt „die Anlegung eines Industriegleises bis zu deren Fabriksgebäuden als höchst zweckentsprechend“. Unklar ist, ob damit (noch) ein normalspuriges Anschlussgleis gemeint war.
Die in Aussicht gestellten Transportleistungen sind beeindruckend.
Hier ist keineswegs von einer werkseigenen Schmalspurbahn die Rede. Daher ergeben sich für mich neue Fragen:
1. Wollte damals Gütermann (noch) ein ganz normales, normalspuriges Anschlussgleis haben?
2. Warum/wann kam es zu der Idee einer werkseigenen Eisenbahn?
3. Wann und warum entschied man sich für eine Schmalspurbahn?
Wer weiß dazu eine Antwort?
Herzliche Grüße aus dem stürmischen Breisgau
Thomas
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Re: Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
vielen Dank für die Transkription dieses in deutscher Kurrentschrift gehaltenen Textes! Toll, dass Du Dir die Mühe gegeben hast.
Zu Deinen Fragen kann ich nur bedingt Antworten liefern. Es gibt aber aus dem Württembergischen ein paar Beispiele, dass so ein Privatgleisanschluss an eine Staatsbahnstrecke recht kostspielig war:
:: in der Station Murr an der Murr der staatlichen 750-mm-Schmalspurbahn (Bottwartalbahn) hatte die Holzmehlfabrik Zinnser im Eröffnungsjahr 1894 nur ein kurzes normalspuriges Gleis zum Absetzen der aufgeschemelten Güterwagen am Werksrand. Alles andere war zu teuer. Jeder Gleismeter für einen privaten Anschluss hat sich die Staatsbahn ordentlich kosten lassen. Außedem musste ja das Gleis in ordentlichem Zustand vorgehalten werden und wurde regelmäßig dahingehend überprüft. Erst später leistete sich das Unternehmen einen umfangreichen Werksanschluss.
:: in der Stadtion Brackenheim der staatlichen 750-mm-Schmalspurbahn (Zabergäubahn) hatte das städtische Gastwerk zum Entladen der normalspurigen Kohlewagen ebenfalls ein kurzes normalspuriges Gleis. Entladen wurde in eine 600-mm-Rollbahn, die dann mit ein paar Kurven den Höhenunterschied zum Gaswerk überwunden hatte. Hier wäre die Topographie des Gleisanschlusses dem Gaswerk deutlich teuerer gekommen.
Im Fall von Gütermann würde ich die engen Radien gleich nach der Bahnstation und im Werk als einen Grund für eine schmalspurige Werksbahn sehen. Auch die Überquerung des Flusses Elz (Rhein) wäre in Normalspur sicher teurer gekommen, wie in Schmalspur. Außerdem oblag die technische Kontrolle der Werksbah vermutlich nicht den Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen sondern nur der Kommunalen Aufsicht der Bezirksdirektion oder einer technischen Institution. Streckenunterhalt eines Normalspuranschlusses wäre daher sicher deutlich teurer gewesen. Die Idee zur privaten schmalspurigen Werksbahn wird bei Gütermann sicher kurz nach dem Angebot eines Normalspurgleisanschlusses gekommen sein, da die schmalspurige Werksbahn sicher günstiger ausgefallen ist.
Genaue Daten kann ich ohne näheres Quellenstudium dazu aber nicht nennen. Da warte ich dann gespannt auf Deine bzw. Eure weiteren Ergebnisse.
Beste Grüße
Wolfram
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Re: Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
so sehe ich das auch, wie Wolfram das beschreibt! Eine innerbetriebliche Feldbahn hatte ja noch den Vorteil für Transporte im Werk und auch den Kohlentransport zum Kesselhaus,...
Da war die Variante Feldbahn sicher günstiger als eine Regelspuranschlußbahn.
Grüße Sven K.
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Re: Werkbahn Gütermann in Gutach im Breisgau
Bähnle schrieb:2. Warum/wann kam es zu der Idee einer werkseigenen Eisenbahn?
3. Wann und warum entschied man sich für eine Schmalspurbahn?
Wer weiß dazu eine Antwort?
Eine weitere Antwort findet sich im Beitrag vom 23.01:
Ein Großteil des Versands belief sich wohl auf Stückgut und Postsendungen, die in die Post- bzw. Gepäckwagen der durchfahrenden Züge umgeladen wurden. Ein normalspuriger Anschluss hätte hier also keine Vorteile gebracht, da das Ladegut am Bahnhof hätte umgeladen werden müssen.
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Gründe für die schmalspurige Werksbahn
Zusammenfassend kann man also feststellen:
Zur Entscheidung für eine schmalspurige Werksbahn sprachen für Gütermann vermutlich
• die hohen Kosten für ein normalspuriges Anschlussgleis
• die erforderlichen kleinen Radien
• der Versand von Stückgut und Postsendungen und
• die Verwendung der Werksbahn auch für den innerbetrieblichen Verkehr.
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Bemerkenswerte Auflistung des beachtlichen Transportaufkommens im Bahn- und Postverkehr, das Gütermann als Begründung für den Anschluss an das Bahnnetz aufgeführt hat.
Herzliche Grüße
Thomas
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Gründe für die schmalspurige Werksbahn
vieles ist hier ja schon zu den Gründen für die Wahl einer schmalspurigen Werksbahn geschrieben worden.
Ich möchte gerne noch einmal auf den Brief von Gütermann an Minister Brauer vom 12.03.1898 zurückkommen, dessen Übersetzung Thomas weiter oben eingestellt hat.
In diesem Brief schlägt Gütermann (aus naheliegenden Gründen) vor, die Elztalbahn in Gutach am rechten Ufer der Elz zu bauen.
Da sich die Angabe rechts/links bei fließenden Gewässern auf die Fließrichtung von der Quelle zur Mündung bezieht, hätte die Bahn nach dem Wunsch von Gütermann etwa da verlaufen sollen, wo die Landstrasse von Waldkirch nach Gutach, die spätere B 294, zwischen der Elz und dem Betriebsgelände verlief.
Wenn es dazu gekommen wäre, wäre es relativ einfach ( und vergleichsweise preiswert ) gewesen, ein normalspuriges Anschlußgleis parallel
zum Streckengleis ins Werk zu legen, wie es Wolfram schon beschrieben hat.
Tatsächlich hat die großherzogliche Eisenbahnverwaltung aus bisher (noch) nicht bekannten Gründen die Elztalbahn um das Hochwassergebiet des Elzbogens herum
am linken Ufer der Elz gebaut, wodurch das Gleis nicht mehr an der Fabrikmauer von Gütermann entlang (wie von der Firma gewünscht), sondern mehrere hundert Meter entfernt am anderen Ufer der Elz verlief. Um den neuen Bahnhof zu erreichen, waren nicht nur erhebliche Erdarbeiten (Aufschütten eines Dammes durch das Überschwemmungsgebiet), sondern auch teure Kunstbauten, nämlich die Brücken über die Elz und den Gewerbekanal, erforderlich, die bei einer Normalspurbahn deutlich teurer geworden wären als bei einer Schmalspurbahn. Aber auch unter Berücksichtigung der bei einer normalspurigen Anschlußbahn erforderlichen Gleisradien wäre eine Gleisführung, wie sie tatsächlich (schmalspurig) ausgeführt wurde, nicht denkbar.
Ich gehe daher davon aus, dass nach der Entscheidung der Grh. Eisenbahnverwaltung für einen Verlauf der Elztalbahn am linken Ufer eine nüchterne kaufmännische Kalkulation die Entscheidung für eine schmalspurige Anschlußbahn bewirkt hat.
Vielleicht finden wir ja noch Dokumente, die diese Entscheidung der Fa. Gütermann (ebenso wie die Entscheidung der Grh. Eisenbahnverwaltung) näher erläutern.
Ich wünsche noch einen schönen Abend!
Hartwig
Jürgen Wening, feldbahnheini, Krohny, CHL14G, deutzl, ernesto und Bähnle mögen diesen Beitrag
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Zuständigkeiten beim Bau der Werksbahn Gütermann
Nachdem mein letzter Beitrag ein derartig erfreuliches Echo mit für mich neuen Erkenntnissen erbracht hat, schicke ich eine neue Frage in die Runde der Spezialisten. Aber vorweg:
Die Firma Arthur Koppel war wohl als Generalplaner tätig und hat auch den größten Teil der Anlage und die Fahrzeuge geliefert. Trotzdem war Koppel nicht der Generalunternehmer.
Die Brücken über die Elz (48 m lang) und über den danebenliegenden Kanal (9 m lang) wurden durch die Sieg-Rheinische Hütten-Actiengesellschaft gebaut. Koppel wollte auch eine Offerte abgeben (Koppel-Schreiben vom 7. Mai 1901), die Vergabe hatte jedoch bereits stattgefunden (Koppel-Schreiben vom 9. Mai 1901).
Gemäß Gütermann-Schreiben vom 2. Mai 1901 (Donnerstag) gab es für die Eisenbahnbrücken drei Offerten, wobei „die Sieg-Rheinische Hütten-Actiengesellschaft die bei Weitem günstigsten Bedingungen stellt.“ Am folgenden Montag (6. Mai) sollte dann das Großherzogliche Eisenbahn-Baubureau den Auftrag erteilen.
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Das ist merkwürdig!
Obwohl alle Offerten und der Briefverkehr über Gütermann liefen, konnte/durfte Gütermann zwar zahlen, aber nicht den Auftrag an den Brückenbauer erteilen! Daher meine Frage:
Warum musste die Beauftragung der Brücke durch das Großherzogliche Eisenbahn-Baubureau erfolgen?
Ich freue mich auf Eure Kommentare und Erläuterungen.
Herzliche Grüße aus dem sonnig warmen Breisgau
Thomas
feldbahnheini, Krohny, CHL14G, AFA, deutzl, Spielplatzlok, Martin Krane und mögen diesen Beitrag